Das Gleichgewicht zwischen der Fürsorge für uns selbst und für andere zu finden, erfordert ein großes Maß an Selbsterkenntnis. Es erfordert Schwerpunkte zu setzen, Unterscheidungsvermögen, und bedachtes Handeln. Für genesende Süchtige ist eine Lebensaufgabe, eine gesunde Ausgewogenheit zwischen Unabhängigkeit und wechselseitiger Verlässlichkeit zu finden – eine Kombination zwischen liebevoller Großzügigkeit, wenn wir anderen helfen und dem Wahren angemessener Grenzen.

Durch unsere Arbeit an uns selbst verringert sich unsere Selbstbezogenheit und unser Einfühlungsvermögen für andere wird tiefer. Was zunächst eine allgemeine Fürsorge für „die leidenden Süchtigen” war, wird zu einem echten Interesse für die anderen NA-Mitglieder. Viele von uns krempeln die Ärmel hoch und helfen neuen Mitgliedern, weil sie ihnen die gleichen Erfahrungen von Erleichterung und Verbundenheit bescheren wollen, die wir bekommen haben. Wir haben eine neue Lebensweise gefunden und möchten mit ihnen teilen, wie wir das gemacht haben. Verständlich. Wir können uns aber auch in das Gefühl hineinsteigern, dass wir sie retten müssen und auch nur wir das tun können. Wir nehmen es persönlich, wenn unsere Vorschläge abgelehnt werden. Wir machen uns, fälschlicherweise, Vorwürfe wenn sie nicht clean bleiben.

Diese Sichtweise ist unserer eigenen Genesung abträglich und spiegelt ein wenig die Selbstbesessenheit wider, von der wir dachten, wir hätten sie gegen Güte eingetauscht. Wir müssen für uns selbst sorgen – und eine gewisse Demut, ja sogar Selbstachtung an den Tag legen, indem wir einen Schritt zurücktreten, aber dennoch bereitstehen, wenn wir um Hilfe gebeten werden. Zu wissen, wo Unterstützung aufhört und Co-Abhängigkeit beginnt, kann ein verwirrender Prozess sein, den wir im Laufe unserer Genesung immer wieder durchlaufen. Manche von uns werden fast perfekt darin, diesen feinen Unterschied zu erkennen, und können andere dabei unterstützen, ihn für sich herauszufinden.