Mein erster cleaner Urlaub
Mein erster cleaner Urlaub
2019 war mein letzter Urlaub, zu dieser Zeit war ich noch ein aktiv Süchtiger.
Mittlerweile bin ich knapp 18 Monate clean.
Hab dieses Jahr viel erlebt, den Tod meines geliebten Vaters, mein erstes Jahr clean.
Und auch Liebe kann ich wieder spüren und empfinden, umso mehr habe ich mich gefreut auf meinen ersten Clean-Urlaub mit der Familie.
Es war auch eine Herausforderung: der erste Urlaub clean in einem Hotel mit „All Inclusive“-Konzept und in dem es von morgens bis abends Alkohol gab; eine Herausforderung für einen cleanen Süchtigen!
Aber auch das konnte ich überstehen, weil ich mittlerweile verstanden habe, das eine vom anderen zu unterscheiden. Also, wenn die Familie konsumiert, heißt es nicht, dass ich auch konsumieren muss, und ich kann mich entscheiden, clean und gelassen zu bleiben.
Um zu verstehen: Ich kann auch Spaß haben, ohne irgendwas zu konsumieren und ich weiß, ich bin nicht derjenige, der auf der anderen Seite sitzt und konsumiert, sondern ich bin ich.
Und ich akzeptiere, dass es auch Menschen gibt, die – nur für Heute – irgendwas konsumieren können, ohne süchtig zu sein.
Sobald ich merkte, dass es kritisch wurde, bin ich in Verbindung gegangen mit meinem Sponsor, NA Freunden und Freundinnen, oder begann Schritte zu schreiben.
Auch das Thema mit der Familie, als meine Tante mit alten Kriegs-Geschichten von meinem Vater anfangen wollte, blockte ich ab. Ich sagte, das ist Vergangenheit und es interessiert mich nicht mehr, was mein Vater in der Vergangenheit getan hat. Sie hatten keinen Kontakt untereinander und bis zu diesem Urlaub hatte auch ich keinen Kontakt zu meiner Tante. Ich verstand mich auf Anhieb gut mit ihr, und was vorher passiert ist, interessiert mich nicht mehr im Heute.
Meine Gedanken werden bei meinem neuen Bekannten sein. Im Urlaub waren meine Gedanken bei sehr vielen Freunden und Freundinnen von NA, und ich dachte viel an euch, und fragte mich auch sehr oft abends im Zimmer: „Bin ich der einzige Süchtige hier im Hotel oder ist hier noch ein anderes NA Mitglied?“. Die 12. Tradition schützt uns vor inneren und äußeren Kräften, die uns zerstören könnten.
Bestimmt waren noch andere NA Freunde oder Freundinnen im Hotel, aber die zwölfte Tradition schützte uns.
Ich habe viel Kraft und Hoffnung aus diesem Urlaub geschöpft. Ich weiß, egal wo ich bin, ist auch NA!
Das Highlight am vorletzten Tag des Urlaubs war für mich mein persönliches NA Tattoo, so bin ich jeden Tag verbunden mit den Leuten in der NA-Gemeinschaft, die mich gerettet hat vor dem Tod.
Einige würden es jetzt extrem finden und sich denken wie kann man sich nur ein Tattoo stechen lassen von einer Selbsthilfegruppe, er muss ja total wahnsinnig sein. Ja, das bin ich auch. Jeden Tag aufs Neue hab ich Wahnsinn, Groll, Wut, Trauer, Liebe, Suchtverlangen.
Ich bin auch kein Prinzipien-Reiter oder lese jeden Tag den Basic Text bzw. das „Nur für Heute“, geschweige denn, dass ich gerne Schritte schreibe. Ich schreibe aber trotzdem und habe ich mich so entschlossen, dieses Tattoo zu machen.
NA hat mich bewahrt vor dem Tod oder der Anstalt und was mich gerettet hat, gehört zu mir auf meinen Körper.
Immer nur für heute, Just for Today und für die nächsten 24 Stunden…
Ein cleaner Urlaub funktioniert. Ich komme wieder. Es funktioniert!
Anonym.